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Das Internet als mentales Fastfood?

Letztens las ich das Buch „Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist?“, geschrieben von Eckart von Hirschhausen.

 

Darin werden die verschiedenen Facetten der Liebe betrachtet und erläutert. In einem Unterkapitel geht es auch um das Schreiben als solches und die Verbindung von Autor und Leser, die insbesondere durch Bücher entsteht.

 

Zwei Punkte daraus fielen mir besonders ins Auge:


„Rolf Dobelli hat einen interessanten Essay geschrieben, warum er nur noch Bücher liest und keine Zeitungen und erst recht keine Internet-Newsportale. Denn die sind das mentale Fastfood, das wenig nährt, nur übersättigt.“

Und

„Der Buchleser sucht Tiefe, nicht Benutzeroberfläche. Er will etwas begreifen, nicht durchscrollen.“

Das Essay habe ich noch nicht gelesen, habe es aber schon gefunden und werde mir dafür Zeit nehmen.

 

Interessant ist an Dobellis Gedanke, dass er nicht ganz unrecht hat und ich würde diese Idee sogar noch auf die sozialen Medien erweitern, die ja auch zu einem Informationsmedium geworden sind.

 

Ich würde behaupten, dass die wenigsten der User sich die Artikel, die sie teilen, vollständig durchlesen, verstehen und geistig verarbeiten. Hauptaugenmerk ist und das Teilen und kurze Aufnehmen der Information durch die Überschrift.

 

Schon vor Jahren fand man heraus, dass die Menschen meist nur die Überschriften und kleinen Zusammenfassungen lesen, sei es bei Zeitungen oder Artikeln im Internet. Als würde man anfangen zu essen und nach dem ersten Bissen aufhören. Dass dabei nichts vernünftiges herauskommt ist logisch.

 

Gleichzeitig haben wir einen Informationsüberfluss, welcher uns wie eine Welle mitreißen will, weil wir nicht wissen, wie wir ihr entkommen können – oder ihr vielleicht auch gar nicht entkommen wollen.

 

Was früher der Fernseher war oder das Radio, also ein Element der Unterhaltung und Zerstreuung ist übergegangen auf das Internet und insbesondere die sozialen Medien.

 

Den Hintergedanken habe ich ja schon öfters erläutert: Geld und Zeit. Desto mehr Informationen ich dem User zur Verfügung stelle und ihn sozusagen immer am Ball halte, desto mehr kann ich erkennen was er mag und die dementsprechende Werbung schalten.

 

Wer jetzt denkt: „Ha, aber ich hab doch einen Ad-Blocker, da seh’ ich das ja gar nicht.“ hat zwar nicht ganz unrecht, jedoch werden dahingehend ein paar Dinge vergessen.

 

Zum einen gibt es Seiten, die ständig daran arbeiten, dass sie nur einsehbar sind, wenn es keinen Werbeblocker gibt bzw. dieser ausgeschaltet ist, wodurch die Werbung gesehen werden muss und potentiell sogar noch penetranter ist als ohnehin schon.

 

Zum anderen ist nicht alles ein Artikel. Hört sich komisch an, ist aber so.

 

Es gibt bezahlte Artikel, also Artikel die von Zeitungen oder News-Portalen eingestellt werden, die bezahlt wurden von diversen Firmen.

 

Nehmen wir mal ein fiktives Beispiel: Ich habe ein kleines Unternehmen, was etwas erfunden hat, damit die Abflussrohre immer schön sauber sind und sich dort nichts ansammelt.

 

Nun könnte ich einfach Werbung dafür schalten und in 10 Jahren ist dann mein Patent dafür abgelaufen und anstatt, dass ich es nun für 20 Euro verkaufen kann, wird es günstig in China hergestellt und von anderen für fünf Euro verkauft. Ich stehe also doof dar, obwohl ich Werbung gemacht habe, die aber nicht wirklich wen interessierte.

 

Eine andere Möglichkeit ist, eine Firma zu engagieren, die einen Artikel über meine Erfindung schreibt, ganz subtil, ohne dass es aufdringlich wirkt, dennoch gelesen wird und in den Köpfen hängen bleibt.

 

Solch ein Artikel ist dann auch in den Portalen zu finden und kann dementsprechend immer und immer wieder geteilt werden. Es macht dann den Anschein, als ginge es um wirkliche Nachrichten oder einen kleinen Artikel, dabei ist es eigentlich nur Werbung. Dieses Prinzip wird auch im Fernsehen angewandt.

 

Also sehe ich anstatt der Werbung solche Artikel, da der Werbeblocker nicht unterscheiden kann, zwischen Werbeartikeln und direkter Werbung.

 

Dem User wird dann vorgeschlagen „Diese Artikel könnten Sie auch interessieren…“, ohne, dass er weiß, wie er auf der Seite gehalten wird. Nun muss man aber auch sagen, dass nicht jeder Verweis auf andere Artikel gleichzeitig ein Verweis auf Werbeartikel ist – ich selbst stöbere gerne mal auf Seite und komme vom einen Thema aufs nächste.

 

Haben wir dann nach Stunden, obwohl wir etwas über Apfelkuchen wissen wollen, einen Artikel über Quantenphysik erreicht, wissen wir zum einen gar nicht mehr wirklich, wie wir dort hingekommen sind oder was wir eigentlich ursprünglich wollten.

 

Wir haben überall an- oder abgebissen, doch konnten nichts davon mitnehmen. Wir haben uns übersättigt und uns schwirrt der Kopf, nach all dem Überfluss, haben dabei aber meist nichts lernen können, noch werden wir uns bald an diese Artikel überhaupt noch erinnern.

 

Das ist beispielsweise auch ein Punkt der zur Übersättigung beiträgt: Das was wir am Bildschirm lesen, nehmen wir nur zu 30% auf (bin mir gerade bei der Zahl nicht sicher, notfalls editiere ich das später, damit ich nichts auf blauen Dunst erzähle). Hingegen ist das gelesene Wort auf Papier stärker in unserem Hirn verankert.

 

Dabei kommen wir zum Thema, dass der Leser eigentlich in die Tiefe will, wenn er etwas liest und nicht nur an einer Benutzeroberfläche kratzen. Das schaffe ich nur, wenn ich Bücher (oder sehr lange Artikel) lese, die mir eine Tiefe verschaffen, in der ich aufgehen, die ich verstehen und übernehmen kann. Bei Zeitungsartikeln oder sozialen Medien schaffe ich das nicht, weil es dabei einzig und alleine um das Konsumieren geht, die Wertigkeit dessen, was man da aufnimmt, wird nicht hinterfragt.

 

Ständig wird uns suggeriert, wie wichtig gute Ernährung wäre, gleichzeitig sind die meisten der angepriesenen Essensartikel dann gar nicht so gesund, wenn man sich wirklich mal damit beschäftigt.

 

Genau so verhält es sich auch bei Newsportalen oder sozialen Medien. Es wird immer wieder darauf verwiesen, dass es viele psychische Krankheiten gibt und man sich vor diesen Schützen kann, also eine so genannte psychische Hygiene elementar ist.

 

Doch die wirklichen Ursachen geht man dabei nicht an, sondern verweist dann auf lapidare „Anti-Depressiv-Sprüche“, dass doch mal rausgehen helfen würde. Dass aber dieser Überkonsum, an leeren und nutzlosen Informationen dazu beitragen könnte, wird nicht gesehen.

 

Etwas ausführlich zu lesen, dabei in die Tiefe zu gehen und eine Verbindung mit dem Autor aufzubauen, ist Teil dieser psychischen Hygiene.

 

An Zerstreuung ist nichts falsch, das darf gerne mal gemacht werden, aber eben nicht dauerhaft, denn dadurch entsteht in uns ein völlig falsches Bild von der Welt und wir wundern uns, dass wir unsere halbherzigen Ziele nicht innerhalb von einer Woche erreichen, wofür andere Jahre Schweiß und Tränen investiert haben.

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