Alte Gewohnheiten

Letztens konnte ich gut beobachten, wie sehr wir manchmal in unseren Gewohnheiten und Sichtweisen gefangen sind, ohne es zu merken.


Eine ältere Dame versuchte auf einem Baumarktparkplatz ihren Wagen zurück zu bringen, nachdem sie mit ihrem Einkauf fertig war.

Es gab mindestens drei überdachte Einkaufswagenhäuschen (ja, so heißt das wirklich), sie blieb jedoch immer nur bei einem der Häuschen und versuchte dort ihren Wagen zurück zu bringen. Das gelang ihr aber nicht so wirklich und sie probierte verschiedene Möglichkeiten aus, um den Chip aus ihrem Einkaufswagen zu entfernen. Sie versuchte ihn in andere Wagen, die nicht die gleiche Form hatten zu schieben. Sie drehte ihn seitlich, sie drehten ihn rückwärts. Nichts davon gelang und sie kam einfach nicht an ihren Einkaufschip.


Am Ende ging sie resigniert fort und ließ ihren Wagen mit Chip stehen. Dabei hätte sie nur ein oder zwei Häuschen weiter gehen müssen, um die passenden Wagen zu finden. Selbst wenn dort keine gewesen wären, dann hätte es noch ein Häuschen gegeben.


Manchmal stehen wir uns selbst im Weg, weil wir uns so sehr auf etwas fixieren, dass wir gar nicht bemerken, was es um uns herum noch so gibt. Dass wir andere Wege und Möglichkeiten ausschließen, weil diese für uns einfach nicht da sind, aufgrund unserer festgefahrenen Sicht.


Wir werden betriebsblind für unseren eigenen Betrieb – wenn man das mal so sagen möchte.


Man kann das mit jemandem vergleichen, der sich über viele Jahre hinweg nur mit Immanuel Kant beschäftigt hat. Diese Person hat so gut wie keine anderen Philosophen gelesen und hat sich auch nur widerwillig mit den Verweisen Kants beschäftigt.

Keine Sekundärliteratur oder Philosophen, die sich ebenso mit Kant beschäftigten. Dass da etwas außerhalb dieses Kant-Universums sein könnte wird nicht wirklich wahr genommen.


Ein ähnlicher Vergleich oder die passende Frage dazu wäre:

Was hat man als Kind an Essen nicht gemocht?

Mag man es heute noch immer nicht?

Hat man es denn schon mal wieder probiert und wenn nicht: Warum nicht?


Es könnte doch sein, was einem als Kind ganz furchtbar geschmeckt hat, heute eine Delikatesse für einen sein könnte. Wenn man es jedoch nicht ausprobiert, dann verschließt man sich dem Möglichen, also dem, was sein könnte.


Die ältere Dame hätte sich vielleicht doch für ein anderes Häuschen entschieden, wenn sie nicht so fixiert gewesen wäre und hätte dort vielleicht einen alten Freund oder die Liebe ihres Lebens treffen können.

Natürlich sind das nur Theorien und wir wissen nicht, was hätte sein können. Jedoch sollte uns klar sein, dass wir uns und unsere Möglichkeiten limitieren, wenn wir uns nicht hin und wieder die Zeit nehmen um zu schauen, wie wir uns verhalten und ob dieses Verhalten nicht vielleicht festgefahren ist.


Festgefahrenes Verhalten sollte aber nicht mit Beständigkeit verwechselt werden. Mache ich etwas beständiges, wie jedes Wochenende Qi Gong, gehe mehrmals in der Woche zum Sport oder treffe mich zu regelmäßigen Zeiten mit Freunden, dann ist das nicht unbedingt negativ. Dabei handelt es sich eher um regelmäßig auftretende Punkte, an denen ich ein Ziel verfolge. Dies geschieht dann jedoch nicht rund um die Uhr, sondern zu bestimmten Zeiten.


Anders wird es dann wieder, wenn genau diese einzelnen Punkte eine immer stärkere Gewichtung bekommen, also wenn man bspw. nicht nur regelmäßig den Sport macht, sondern auch nur das glaubt, was der Trainer sagt. Es quasi als allmächtiges Gesetz wahrnimmt, das nicht kritisch hinterfragt werden darf. Selbst wenn andere Trainer sinnvolles sagen und mit Studien belegen können, dann haben sie dennoch Unrecht oder zumindest nicht so sehr Recht, wie der eigene Trainer.

Somit wird das Verhalten festgefahren und man selbst betriebsblind.


Also sollten wir unsere Handlungen und Verhaltensweisen immer mal wieder überprüfen und hinterfragen, damit wir uns nicht Möglichkeiten entgehen lassen, die unser Leben vielleicht bereichern könnten.

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